Fachbereich 03: Sozial- und Kulturwissenschaften - Bachelorstudiengänge Musikpädagogik und Musikwissenschaft - Modul 22: Musikwissenschaftliche Problemfelder und Methoden (03 BA Mus 22)
Veranstaltungen
LV 1: Musik in der Geschichte
[Si] Georg Friedrich Händel und der britische Unterhaltungsmarkt im 18. Jahrhundert
regelmäßiger Termin ab 17.10.2024 | ||
wöchentlich Do. 14:00 - 16:00 Uhr | Phil. II D, 09 | |
nächster Termin: 28.11.2024 Uhr, Raum: Phil. II D, 09 |
1. Zum Thema: Wohl kaum ein Komponist des 18. Jahrhunderts verstand es so gut, sich und seine Werke zu vermarkten wie Georg Friedrich Händel (1685–1759). Nach Stationen in Hamburg und Italien wirkte er den Großteil seines Lebens als Opernunternehmer und Komponist in London, dem damals kommerziellsten und lukrativsten Musikmarkt Europas. Bei seinem Versuch, die italienische Oper in der britischen Hauptstadt zu etablieren, musste sich Händel nicht nur gegen eine breite Konkurrenz aus den verschiedensten Bereichen des Unterhaltungssektors durchsetzen, es galt ebenso mit temperamentvollen Gesangsstars, gierigen Impresarios und rivalisierenden Operntruppen fertig zu werden. Das Seminar untersucht, ausgehend von repräsentativen Werken Händels (die sowohl Opern als auch Oratorien sowie Staatskompositionen wie die berühmte Wassermusik und die Feuerwerksmusik umfassen), die Zusammensetzung und Funktionsweise des britischen Unterhaltungsmarktes in der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts, auf dem Händel agierte. Insbesondere der kommerzielle Londoner Theatermarkt steht dabei im Zentrum und dient als Beispiel für einen wirtschafts- und sozialwissenschaftlich orientierten Forschungszugang zu einem historischen Werkkorpus. Neben ästhetischen Fragen werden auch wirtschaftliche (Was kostete eigentlich ein Theaterticket im 18. Jahrhundert? Wie viel verdienten Opernsänger*innen?), architektonische (Wie wurden Theater damals designt?), rechtliche (Wie bekam man eine Lizenz zum Spielen?) sowie gesellschaftliche Aspekte (Welche Teile der Bevölkerung besuchten überhaupt Opern?) beleuchtet.
2. Literatur: WALTER, Michael: Oper. Geschichte einer Institution, Stuttgart 2016; JACOBSHAGEN, Arnold & MÜCKE, Panja (Hrsg.): Das Händel-Handbuch, Band 2: Händels Opern, Laaber 2009; LEOPOLD, Silke: Händel. Die Opern, Kassel u. a. 32018; HEINEMANN, Michael: Georg Friedrich Händel, Hamburg 22012; SCHRÖDER, Dorothea: Georg Friedrich Händel, München 2008.
3. Voraussetzungen für den Scheinerwerb: Teilnahmeschein bei regelmäßiger Teilnahme und aktiver Mitarbeit sowie Kurzreferat; Leistungsschein bei regelmäßiger Teilnahme und aktiver Mitarbeit sowie Referat mit schriftlicher Ausarbeitung oder Hausarbeit (die genauen Modalitäten werden in der ersten Sitzung gemeinsam besprochen)
4. Teilnahmevoraussetzungen und -beschränkungen: keine
[P Si] György Ligeti – Der »Pop-Avantgardist« mit der wissenschaftlichen Neugier
regelmäßiger Termin ab 15.10.2024 | ||
wöchentlich Di. 10:00 - 12:00 Uhr | Phil. II D, 07 | |
nächster Termin: 26.11.2024 Uhr, Raum: Phil. II D, 07 |
1. Zum Thema: Manche betrachten György Ligeti (1923–2006) als den größten Komponisten des 20. und 21. Jahrhunderts, dezidiert der großen Kunst verschrieben. Er war der Kosmopolit unter seinen Zeitgenossen der Avantgarde, paradoxerweise jedoch sehr klar definiert in seinen jüdisch-ungarischen Wurzeln und seinem Personalstil, der gleichwohl durch traditionelle Techniken und Gattungsmodelle geprägt wurde. Zeitweise als Serialist, Dadaist, Post-Modernist oder Minimalist tituliert, war er jedoch keines davon. Seine Musik wurde zudem sehr stark von Literatur, Wissenschaft und visuellen Künsten beeinflusst und ist zugleich unglaublich komplex und erstaunlich simpel. Dies macht ihn populärer als manch anderen Avantgarde-Komponisten, was ohne Zweifel auch mit der Verwendung seiner Werke als Filmmusik von beispielsweise Stanley Kubrick zusammenhängt (2001, The Shining, Eyes Wide Shut). Im Seminar werden wir versuchen, die gesamte Spannweite seines Schaffens zu erfassen und zugleich seinen besonderen Wahrnehmungsfähigkeiten als Synästhetiker und seiner (wissenschaftlichen) Neugier Rechnung zu tragen.
2. Literatur: Bauer, A.: Ligeti’s Laments: Nostalgia, Exoticism, and the Absolute. Abingdon/New York 2016; Bernard, J.W.: Music of György Ligeti. Cambridge 2020; Boukobza, J.-F.: György Ligeti. Etudes pour piano. Genève 2019; Burde, W.: György Ligeti. Eine Monographie. Zürich 1993; Dibelius, U.: György Ligeti. Eine Monographie in Essays. Mainz 1994; Duchesneau, L./Marx, W. (Hg.): György Ligeti. Of Foreign Lands and Strange Sounds. Woodbridge 2011; Edwards, P.: György Ligeti’s Le Grand Macabre: Postmodernism, Musico-Dramatic Form and the Grotesque. Abingdon/New York 2019; Engelbrecht, C./Marx, W./Sweers, B.: Lontano – ›Aus weiter Ferne‹: zur Musiksprache und Assoziationsvielfalt György Ligetis. Hamburg 1997; Englbrecht, B.: Die späte Chormusik von György Ligeti. Frankfurt am Main 2001; Floros, C.: György Ligeti: Jenseits von Avantgarde und Postmoderne. Wien 1996; Helbing, V.: György Ligetis Violinkonzert: Konzeption, Schaffensprozess und (syn)ästhetische Welt. Analyse und Skizzenforschung. Würzburg 2024; Hermanutz, T.: Avantgardistische Chormusik als komponierte Negative Theologie. György Ligeti: Lux aeterna, Dieter Schnebel: AMN, Helmut Lachenmann: Consolation II, Heinz Holliger: Psalm. Marburg 2015; Hiekel, J.P./Eule, J.C. (Hg.): Zwischen Apokalypse und Groteske. György Ligeti: LE GRAND MACABRE. München 2024; Kakavelakis, K.: György Ligetis Aventures & Nouvelles Aventures. Studien zur Sprachkomposition und Ästhetik der Avantgarde. Frankfurt am Main 2001; Klüppelholz, W.: Die Avantgarde war ein Irrtum. György Ligeti aus sieben Perspektiven. Hofheim 2023; Knop, F.: Retrospektiven. Die Inszenierung von Tradition in den letzten Kompositionen György Ligetis. Mainz 2017; Kostakeva, M.: Die imaginäre Gattung: Über das Musiktheatralische Werk G. Ligetis. Frankfurt am Main 1996; Levy, B.R.: Metamorphosis in Music. The Compositions of György Ligeti in the 1950s and 1960s. New York 2017; Ligeti, G.: Gesammelte Schriften. 2 Teile. Mainz 2007; Sallis, F.: An Introduction to the Early Works of Győrgy Ligeti. Würzburg 1996; Salmenhaara, E.: Das musikalische Material und seine Behandlung in den Werken »Apparitions«, »Athmosphères«, »Aventures« und »Requiem« von György Ligeti. Regensburg 1969; Searby, M.D.: Ligeti’s Stylistic Crisis. Transformation in His Musical Style 1974–1985. Lanham/Plymouth 2010; Seherr-Thoss, P. v.: György Ligetis Oper »Le Grand Macabre«. Erste Fassung: Entstehung und Deutung. Von der Imagination bis zur Realisation einer musikdramatischen Idee. Hamburg 1998; Sora, T.: Untersuchung des Begriffs »Klangfläche« dargestellt am Orchesterstück Atmosphères von György Ligeti. Hofheim 2017; Stahnke, M.: György Ligeti. Eine Hybridwelt. Umkreisungen von Manfred Stahnke. Norderstedt 2022; Stahnke, M. (Hg.): Mikrotöne und mehr. Auf György Ligetis Hamburger Pfaden. Hamburg 2005; Steinitz, R.: György Ligeti. Music of the imagination. Boston 2003; Ţiplea Temeş, B./Agawu, K. (Hg.). A Tribute to György Ligeti in his Native Transylvania. Cluj-Napoca 2020; Willmann, R.: Gebannte Zeit. Studien zum Klavierkonzert György Ligetis. Anif/Salzburg 2006; Willson, R.B.: Ligeti, Kurtág and Hungarian Music during the Cold War. New York 2007.
3. Voraussetzungen für den Scheinerwerb: Anforderungen für Bachelor- sowie L2- und L3-Lehramtsstudierende: Teilnahmeschein bei regelmäßiger Teilnahme und aktiver Mitarbeit; Leistungsschein bei zusätzlichem Referat mit schriftlicher Ausarbeitung oder Hausarbeit; Anforderungen für Master- und L3-Lehramtsstudierende: Teilnahmeschein bei regelmäßiger Teilnahme, aktiver Mitarbeit und Kurzreferat mit Thesenpapier, Leistungsschein bei zusätzlicher schriftlich ausgearbeiteter (Film-)Musikanalyse, Hausarbeit oder Forschungsprojekt.
4. Teilnahmevoraussetzungen und -beschränkungen: keine
LV 2: Methoden und Probleme der Musikwissenschaft
[Pj Si] Auditive und audiovisuelle Musikrezeption im Vergleich
regelmäßiger Termin ab 15.10.2024 | ||
wöchentlich Di. 14:00 - 16:00 Uhr | Phil. II D, 07 | |
nächster Termin: 26.11.2024 Uhr, Raum: Phil. II D, 07 |
1. Zum Thema: Heutzutage gibt es zahlreiche Möglichkeiten, Musik zu hören, ob nun live im Konzert, rein auditiv als Tonkonserve über Kopfhörer oder bildlich dramaturgisch/erzähllogisch montiert in einer audiovisuellen Aufzeichnung. Über die genauen Unterschiede zwischen den jeweiligen Hörsituationen ist allerdings immer noch recht wenig bekannt. Das Projektseminar verfolgt das Ziel, das neu entwickelte Giessen Music Mediation Inventory (GMMI, Meinel et al., 2024) erneut zu evaluieren und zu validieren. Dazu soll einerseits neues Stimulus-Material produziert werden (mindestens je eine Musikperformance im klassischen und eine im populären Bereich), andererseits mit zusätzlichen Selbstauskunft-Inventaren (z.B. Music Receptivity Scale [MRS, George/Ilavarasu, 2021]; Barcelona Music Reward Questionnaire [BMRQ, Mas-Herrero et al., 2013]; PANAVA-KS [Schallberger, 2005]) eine Befragung bei einem Live-Konzert durchgeführt werden, bei dem zugleich die Ton und Bild-Aufzeichnungen stattfinden, um Material für rein auditive und audio-visuelle Stimuli zu erzeugen, sowie im Anschluss eine Online-Befragung mit den Stimuli. Wir können uns im Versuchsdesign und in der statistischen Auswertung an der Studie von Coutinho und Scherer (2017) orientieren. Im Sinne eines forschenden Lernens kann jeder teilnehmen, ob es sich nun um eine eher künstlerische, aufnahmetechnische, die Versuchsdurchführung unterstützende oder empirisch-statistische Aufgabe handelt.
2. Literatur: Coutinho, E./Scherer, K.R. (2017). The effect of context and audio-visual modality on emotions elicited by a musical performance. Psychology of Music, 45(4), 550–569; George, M./Ilavarasu, J. (2021). Development and Psychometric Validation of the Music Receptivity Scale. Frontiers in Psychology, 11: 585891. DOI: 10.3389/fpsyg.2020.585891; Mas-Herrero, E./Marco-Pallares, J./Lorenzo-Seva, U./Zatorre, R.J./Rodriguez-Fornells, A. (2013). Individual Differences in Music Reward Experiences. Music Perception, 31(2), 118–138; Meinel, L.S./Bullerjahn, C./Lindau, A./Wald-Fuhrmann, M. (2024). Capturing differences in perception and aesthetic judgment of live or medially presented music: development of a self-report instrument. Frontiers in Psychology, 15: 1339168. DOI: 10.3389/fpsyg.2024.1339168; Schallberger, U. (2005). Kurzskalen zur Erfassung der Positiven Aktivierung, Negativen Aktivierung und Valenz in Experience Sampling Studien (PANAVA-KS). Theoretische und methodische Grundlagen, Konstruktvalidität und psychometrische Eigenschaften bei der Beschreibung intra- und interindividueller Unterschiede. Zürich.
3. Voraussetzungen für den Scheinerwerb: Anforderungen für Bachelor- sowie L2- und L3-Lehramtsstudierende: Teilnahmeschein bei regelmäßiger Teilnahme und aktiver Mitarbeit bei der Erstellung der Stimuli und der Versuchsdurchführung; Leistungsschein bei zusätzlicher Beteiligung an der statistischen Auswertung und/oder der schriftlichen Ausformulierung des Forschungsberichts; Anforderungen für Master- und L3-Lehramtsstudierende: Teilnahmeschein bei regelmäßiger Teilnahme und aktiver Mitarbeit, die in künstlerischer oder technischer Hinsicht wesentlich zum Gelingen des Forschungsprojektes beiträgt, Leistungsschein bei zusätzlicher Beteiligung an der statistischen Auswertung, der schriftlichen Ausformulierung des Forschungsberichts und/oder der Präsentation auf einer wissenschaftlichen Fachtagung.
4. Teilnahmevoraussetzungen und -beschränkungen: keine
[H Si] Musik im Kontext von Race und Gender
regelmäßiger Termin ab 15.10.2024 | ||
wöchentlich Di. 12:00 - 14:00 Uhr | Phil. II D, 08 | |
nächster Termin: 26.11.2024 Uhr, Raum: Phil. II D, 08 |
Im Seminar erarbeiten wir uns einen Überblick über Theorien kultureller Hegemonie mit Fokus auf den Aspekten Gender und Race (Feminismus, Queerfeminismus, Critical Race Theory, Postkolonialismus). Die Lektüre und Diskussion von Grundlagentexten soll fruchtbare Perspektiven auf konkrete musikbezogene Fallbeispiele eröffnen. Fragen könnten beispielsweise sein: Welche Auswirkungen hatte das Frauenbild im 19. Jahrhundert auf den Musikdiskurs und umgekehrt? Wie wird Gender am Broadway performt? Welche Bedeutung haben Praktiken kultureller Aneignung für die Geschichte der Oper? Ist Musiktheorie strukturell weiß? Ist Hip-Hop antirassistisch?
Modulzuordnung neue Lehramtsstudiengänge:
03-mus-L3-WP-4b