Fachbereich 04: Geschichts- und Kulturwissenschaften - Durchführung der Veranstaltung: digital - Klassische Archäologie
Veranstaltungen
[M] B.A. GuK: Self-Assessment-Modul
[Vl] Römische Mythenbilder (AfK-Nr.: 272)
regelmäßiger Termin ab 14.10.2025 | ||
wöchentlich Di. 09:00 - 11:00 Uhr | digital | |
nächster Termin: 14.10.2025 Uhr, Raum: digital |
Mythenbilder, so will es die stereotype kulturelle Zuschreibung, sind eine Domäne der griechischen Kunst, so wie Historienbilder und politische Ikonographie Sache der römischen Kunst sind. Ein nüchterner Blick auf den Befund überlieferter Bilder lehrt jedoch, dass mythologische Themen griechische und römische Bildgattungen gleichermaßen durchziehen. Wenn es im Wesentlichen die gleichen Erzählstoffe sind, auf die in griechischer und römischer visueller Kultur zurückgegriffen wird, dann unterscheiden sich griechische und römische Mythenbilder doch zumeist darin, wie sie in der Lage sind, moderne Erwartungen erfüllen können. Hier gewinnen die Bilder der ‚erzählfreudigen‘ griechischen Vasenmalerei eindeutig gegenüber denen auf römischen Wänden, Sarkophagen und an öffentlichen und sakralen Bauten, deren mythische Stoffe für die Zwecke der Wohn-, der Funerärkultur und der öffentlichen Repräsentation funktionalisiert scheinen und narrativ seltsam entkernt wirken: Achill, der die sterbende Penthesilea im Arm hält, als Bild eines Ehepaars auf römischen Sarkophagen; Perseus und Andromeda in pompejanischen Häusern zum Liebespaar jenseits aller Gefahren geworden; Aeneas mit Vater und Sohn auf der Flucht aus dem brennenden Troja, zur staatstragenden Leitfigur der pietas erhoben. So sehr sich die Forschung in vergangenen Jahrzehnten bemüht hat, auch griechische Mythenbilder in ihrem Bezug zur Lebens- und Wertewelt zu interpretieren, so bleiben diese scheinbar doch stärker an narrative Plots gebunden: Sie erreichen nie das Maß an ideologischer Programmatik, das man von der ara pacis kennt, und die Bezugnahme zur Lebenswelt ist nie so unmittelbar, wie dies auf römischen Sarkophagen der Fall ist, die den Mythos um den Held Meleagros auf den Aspekt seines Sterbens fokussieren. Andererseits zeigen kaiserzeitliche Bildwerke wie die teils nach griechischen Vorbildern entstandenen Skulpturen der Sperlonga-Grotte oder literarische Werke wie die Metamorphosen des Ovid, dass die Kultivierung des Mythos in seiner erzählerischen Dimension keineswegs aufgehört hat.
In der Vorlesung sollen römische Mythenbilder aus verschiedenen Gattungen und Bereichen der Kultur besprochen werden (Wandmalerei, Mosaiken, Sarkophagreliefs, ‚Staatskunst‘, Statuarik, luxuriöse Kleinkunst). Dabei sollen Aspekte wie die häufige Handlungsarmut römischer Mythenbilder, die teils überraschende Wahl dargestellter Erzählmomente oder das bewusste Ineinander von Mythos und Lebenswelt, sowie Fragen der narrativen Bildstrategien und der Beziehung der Bilder zu literarischen Mythenerzählungen möglichst befundnah diskutiert werden.
Literatur zum Einstieg:
Katharina Lorenz, Ancient Mythological Images and their Interpretation: an Introduction to Iconology, Semiotics, and Image Studies in Classical Art History, Cambridge 2016
Michael Squire, The Iliad in a Nutshell: Visualizing Epic on the Tabulae Iliacae, Oxford 2011.
Katharina Lorenz, Bilder machen Räume. Mythenbilder in pompeianischen Häusern, Berlin 2008
Paul Zanker und Björn Ewald, Mit Mythen leben. Die Bilderwelt der römischen Sarkophage, München 2004.
Susanne Muth, Erleben von Raum – Leben im Raum. Zur Funktion mythologischer Mosaikbilder in der römisch-kaiserzeitlichen Wohnarchitektur, Heidelberg 1998.